Zu den Schlagzeilen zu Jahresbeginn gehört die Struktur im Leben, die unter anderem von Marie Kondo propagiert wird. Ausmisten soll befreien und die Japanerin gibt auch gleich Hinweise, wie man dabei vorgehen sollte. So soll man jeden Gegenstand in die Hand nehmen und sich fragen, ob dieser einen glücklich macht. Wenn es danach ginge, dann gäbe es bei mir keinen Stoffabbau, denn jeder Stoff, den ich habe, macht mich glücklich. Es gibt sogar Zeiten in meinem Leben, da nehme ich meine gesamten Patchworkstoffe und falte sie neu, streichele sie dabei und lege sie liebevoll nach Farben sortiert wieder in ihre Kartons. Dabei kann ich wunderbar entspannen.
Trotzdem ist es natürlich richtig, dass ich beim Stoffehorten an die physischen Grenzen meines Nähzimmers stoße. Aber einen Trick habe ich von Marie Kondo übernommen, der mir auch schon beim Kofferpacken geholfen hat: aufrollen. Für den Koffer rolle ich T-Shirts und Pullover und kriege tatsächlich mehr unter. Also habe ich es für meine dehnbaren Stoffe auch mal probiert. Bei mir wohnen die Kleidungsstoffe nicht in Regalen, sondern in zwei Kommoden mit großen Schubladen. Zwei dieser Schubladen habe ich mir jetzt vorgeknöpft und alle Stoffe einzeln aufgerollt. Das Ergebnis: Ich hab tatsächlich mehr Platz gewonnen.
Das ist jetzt aber kein Grund, gleich auf Stoffpirsch zu gehen. Im Gegenteil, mich spricht die Näh-Challenge von Selmin von tweetandgreet an, die unter dem Motto #12ausdemstoffregal zum Stoffabbau aufruft. Das Motto im Januar lautete Struktur. Wie gut, dass mir bei der Aufrollaktion ein gut abgelagerter Strick in die Hände fiel. Passt vom Motto her und endlich war ich gefordert, einen passenden Schnitt für den Stoff zu finden. Ich hatte ihn mal vor einigen Jahren in der Stoffabteilung eines großen Kaufhauses preiswert erstanden. Inzwischen fand ich ihn nicht mehr so toll und beschloss, ihn für einen Versuch zu verwenden.
Mit nur einer vagen Idee im Kopf fing ich an: sewing by doing statt learning by doing. Eine Jacke sollte es werden, so viel stand schon mal fest. Ich fand aber keinen Schnitt, der mich so richtig ansprach. Also nahm ich den Grundschnitt für ein Oberteil aus dehnbarem Stoff, den ich vor zwei Jahren bei Peggy Morgenstern für mich erstellt hatte. Statt im vorderen Bruch legte ich die vordere Mitte an der Webkante an und gab am Saum noch einige Zentimeter hinzu. Abschneiden würde ja immer gehen und Stoff war genug da. So nähte ich Vorder- und Rückenteile zusammen, setzte die Ärmel ein und probierte die Jacke an. Hmmm, gar nicht so schlecht, nee, im Ernst, gefiel mir sogar ausnehmend gut. Vor dem Spiegel probierte ich verschiedene Verschlussarten aus. Knopfleiste oder Reißverschluss? Wenn Reißverschluss – wie lang? Ich entschied mich, den Reißverschluss nicht über die ganze Länge reichen zu lassen, sondern nur bis knapp unter die Taille.
Der nächste Problem – ich hatte keinen passenden Reißverschluss. Die Farbe des Stoffes – aubergine mit beige – war sehr eigenwillig. Also ab in die Stadt. Wir haben in Lüneburg drei Stoffgeschäfte und ein großes Kaufhaus. Letzteres hatte keinen Reißverschluss in der von mir gewünschten Länge. Im ersten Stoffladen gab es nur einen in Beige. Sah aber nicht schlecht aus. Also gekauft.
Jetzt brauchte ich noch Jersey für den Beleg. Den fand ich – im Farbton genau passend – im zweiten Stoffladen, der Tillabox. Nur aus Neugierde, weil der dritte Stoffladen gerade seinen Besitzer gewechselt hatte, schaute ich dort vorbei und fand einen Reißverschluss genau in dem Aubergineton und in der gewünschten Länge.
Der Fertigstellung stand nun nichts mehr im Wege – außer ich selber. Erstmal den Jersey waschen und warten, bis er trocken war. Dabei schlich ich mehrfach um die unfertige Jacke rum und stellte dann fest, dass ich den Reißverschluss auch ohne Beleg einnähen könnte, weil es ja durch die Webkante ganz sauber aussah. Daher brauchte ich den Jersey nur noch für die Versäuberung des Halsausschnitts. Aus dem Rest habe ich einfach einen Loop genäht.
Werbehinweis:
Die Links dienen der Information interessierter Leserinnen. Die Stoffe und Schnitte wurden von mir selbst bezahlt, ich erhalte keine Vergünstigungen welcher Art auch immer von den genannten Unternehmen.
Mit dieser warmen Jacke findet ihr mich auch beim MadeMeMittwoch, DufürDichamDonnerstag und SewLaLa
Sehr schöne Jacke und ein inspirierender Post! Alle sind scheinbar im Aufräumfieber, da sieht man mal wieviele Leute netfli* haben (ich nicht 😉
Deine Jacke ist jedenfalls ganz großartig, der schöne Stoff hat eine würdige Verwendung und Du ein glüclichmachendes Teil mehr im Schrank! LG Kuestensocke
Nee, nee, ich guck dieser Aufräumdame auch nicht zu, aber die Zeitungen sind ja auch voll mit ihren Tipps. Da musste ich es einfach mal ausprobieren 🙂
Hat ja geklappt
Viele Grüße
Christiane
Sehr schön geworden!!! Hach ein Tour durch drei Stoffläden, das sollte mir auch mal passieren… 🙂 LG Sarah